Jena | 29. Mai 2023
Fraunhofer-Forscher für innovatives 3D-Messverfahren zur Messung transparenter Objekte ausgezeichnet
Jena | 29. Mai 2023
Für seine Dissertation zum Thema »Schnelle und genaue 3D-Formmessung mittels Musterprojektion und Stereobildaufnahme im thermischen Infrarot« wurde Dr. Martin Landmann, Wissenschaftler in der Abteilung für Bildgebung und Sensorik am Fraunhofer IOF, mit dem Dr.-Ing. Siegfried Werth Preis ausgezeichnet. Die innovative Arbeit dient als Grundlage für das am Fraunhofer IOF entwickelte weltweit erste Messsystem, mit dem die Oberflächenform transparenter Objekte in nur wenigen Sekunden erfasst werden kann: goQUALITY3D sowie dessen Weiterentwicklung goROBOT3D.
Optische 3D-Messverfahren zum Erfassen der Oberflächenform von Objekten haben besonders in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, beispielsweise in der Produktionstechnik, der Medizintechnik oder der Mensch-Maschine-Interaktion. Spiegelnde, transparente oder schwarze Oberflächen stellen dabei immer noch eine Herausforderung dar, da sie mit herkömmlicher Sensorik nur sehr aufwendig oder gar nicht zu erfassen sind. Für Prüfzwecke werden solche Objekte daher häufig mit einem matten Lack überzogen, der nach der Prüfung wieder entfernt werden muss. Für Echtzeitprozesse ist diese Vorgehensweise ungeeignet. Der Jenaer Forscher Martin Landmann hat im Rahmen seiner Dissertation nun ein Messverfahren entwickelt, das in der Lage ist, genau solche nichtkooperativen Objekte in Sekundenschnelle zu messen.
In seiner Doktorarbeit zum Thema »Schnelle und genaue 3D-Formmessung mittels Musterprojektion und Stereobildaufnahme im thermischen Infrarot« widmet sich Martin Landmann einem neuartigen Ansatz der Messung dieser nichtkooperativen Objekte durch Projektion thermischer Muster. Diese ermöglicht die schnelle und sichere Messung von Objekten nahezu aller Arten – auch solchen mit transparenten oder spiegelnden Oberflächen. Für diese innovative Messtechnik wurde Landmann nun mit dem Dr.-Ing. Siegfried Werth Preis ausgezeichnet.
Der grundlegende Gedanke der von Landmann entwickelten 3D-Sensorik mit thermischer Musterprojektion besteht in der lokalen Erwärmung der Objektoberfläche sowie der anschließenden Erfassung der Temperaturverteilung mithilfe von Wärmebildkameras. Während es in der Multistreifenprojektion – eine Art der Musterprojektion – üblich ist, die gesamte Messszene gleichzeitig mit einem Multistreifenmuster zu bestrahlen, wird in der durch Landmann entwickelten sequenziellen Einzelstreifenprojektion nur ein hochenergetischer thermischer Infrarot-Streifen mittels eines Galvanometer-Scanners über das Messfeld bewegt. Vorteil dieses Verfahrens ist der verringerte Einfluss der thermischen Diffusion der dadurch ausgeprägtere Temperaturkontrast, da die Probe lokal mit höherer Bestrahlungsstärke bestrahlt wird. Die Anordnung ermöglicht darüber hinaus die gleichzeitige Erfassung sowohl spiegelnder als auch transparenter Objekte.
Unter der Koordination von Dr. Martin Landmann wurde am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF ein Demonstrator zur Rundummessung von nichtkooperativen Objekten realisiert, der sich durch eine hohe Flexibilität in Bezug auf die Messobjektwahl und vollständige Automatisierung auszeichnet. Das System mit dem Namen goQUALITY3D ist das weltweit erste Messsystem, mit dem spiegelnde oder transparente Objekte mittels Musterprojektion in wenigen Sekunden und mit Messunsicherheiten kleiner 100 μm rundum erfasst werden können. Bereits 2021 wurde der 3D-Infrarotsensor für seine Innovationskraft mit dem »inVision Top Innovation Award« ausgezeichnet.
Die Messmethode bietet ein äußerst breites Einsatzspektrum für unterschiedlichste Anwendungsszenarien. So konnten bereits erste genaue 3D-Messungen an transparenten Objekten für Automobilzulieferer, Kunden aus der Glasindustrie oder der Medizintechnik sowie aus dem Kunst- und Kulturbereich durchgeführt werden. Eine Weiterentwicklung der Technologie ist überdies das goROBOT3D-System: Hier gelang es Landmann und seinem Team am Fraunhofer-IOF, die neue Sensortechnik mit einer Robotik-Anwendung zu koppeln. Auf diese Weise können Roboter bzw. Maschinen etwa in automatisierten Fertigungsprozessen erstmals in die Lage versetzt werden, die Oberfläche von nichtkooperativen Objekten in Sekundenschnelle dreidimensional zu erfassen und weiterzuverarbeiten.
Die Physikalisch-Astronomische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und die Dr.-Ing. Siegfried Werth Stiftung loben jährlich den Dr.-Ing. Siegfried Werth Preis aus, um besonders beachtenswerte Promotionen auf dem Gebiet der optischen Messtechnik zu würdigen. Die Auszeichnung ist mit den mit 1.500 Euro dotiert. Die Preisverleihung des Dr.-Ing. Siegfried Werth Preis 2023 erfolgte am 23. Juni in Jena.
Mehr über den Dr.-Ing. Siegfried Werth Preis erfahren Sie hier: www.physik.uni-jena.de/fakultaetspreise