»Leistungszentrum Photonik«: Drei Millionen Euro für neue Forschungskooperationen mit Anwendungen in Medizin und Biowissenschaften
Mit knapp drei Millionen Euro Fördergeldern baut das »Leistungszentrum Photonik« als Jenaer Innovationsplattform seine Forschung weiter aus. 1,5 Millionen Euro davon kommen vom Freistaat Thüringen. Mit den Geldern werden neue Forschungskooperationen insbesondere in der Bildgebung für Biowissenschaften und Medizin angestoßen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Technologien, die im Spektralbereich der EUV-Strahlung und darüber hinaus arbeiten.
Seit 2016 stellt sich das »Leistungszentrum Photonik« der Herausforderung, innovative Lösungen mit Licht für wichtige Zukunftsfelder zu entwickeln sowie deren Umsetzung und Anwendung in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Hierzu verknüpft das Leistungszentrum anwendungsorientierte Forschung mit wissenschaftlich exzellenter Grundlagenforschung zur Kontrolle von Licht – von der Erzeugung und Manipulation bis hin zur Anwendung.
Freistaat Thüringen fördert neue Forschungskooperationen mit 1,5 Millionen
Seit seiner Gründung unterstützt der Freistaat Thüringen das Zentrum als relevante Innovations- und Transferplattform am Optikstandort Jena. In diesem Jahr fördert das Land das Leistungszentrum und die Zusammenarbeit der Partner mit 1,5 Millionen Euro. Weitere 1,35 Millionen steuert die Fraunhofer-Gesellschaft für Projekte zum effizienten Forschungstransfer bei, wie die Unterstützung für Start-ups der Optik und Photonik. Die gemeinsame Finanzierung durch den Freistaat Thüringen und die Fraunhofer-Gesellschaft ermöglicht dem Leistungszentrum zugleich eine besondere Schwerpunktsetzung auf die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, insbesondere durch die Unterstützung von Promotionsvorhaben und deren Ergänzung um innovative Zukunftsthemen im Rahmen der »Fraunhofer Graduate Research School of Applied Photonics«.
Neue Forschungskooperationen für Anwendungen in den Life Sciences
Die Gelder des Landes fließen zudem insbesondere Forschungskooperationen zwischen den am Zentrum beteiligten Partnern zu: Im Vordergrund stehen dabei die sogenannten »Joint Imaging Labs«. Sie sollen die Kompetenzen der Partner im Hinblick auf innovative und leistungsfähige Bildgebungstechnologien bündeln. Anwendungen sind insbesondere in den Bereichen Biowissenschaften und Medizin vorgesehen.
- Im »Joint EUV-XUV Technology Lab« soll demnach die Entwicklung einer neuartigen Bildgebung an der Grenze vom extrem ultravioletten Licht zum weichen Röntgenbereich vorangetrieben werden. Im Gegensatz zur etablierten Elektronenmikroskopie, die Gewebeproben nur an der Oberfläche charakterisieren kann, wird durch neueste EUV-Technologien eine zerstörungsfreie Bildgebung im Volumen möglich. In den vergangenen Jahren konnten am Helmholtz-Institut Jena, einem Partner des »Leistungszentrum Photonik«, die weltweit leistungsfähigsten Mikroskopie-Systeme im EUV-Bereich realisiert werden. Rekordauflösungen im Bereich von weniger als 50 Nanometern konnten ebenso demonstriert werden wie schnelle Messungen auf großen Flächen. Parallel dazu hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF im Rahmen des Fraunhofer-Clusters CAPS den weltweit leistungsstärksten Femtosekundenlaser bei zwei Mikrometern Wellenlänge realisiert. Dadurch wird eine effiziente Erzeugung von Sekundärstrahlung im weichen Röntgenbereich möglich. Ziel des »Joint EUV-XUV Technology Lab« ist es, auf Basis dieses umfassenden Know-hows eine weltweit einzigartige Hochleistungsquelle im weichen Röntgenbereich zu realisieren und diese mit angepassten Bildgebungsverfahren für wissenschaftliche und industrielle Fragestellungen nutzbar zu machen.
- Das »Joint Biophotonic Imaging Lab« möchte wiederum bei der Suche nach neuen, medizinischen Wirkstoffen z. B. neuen Antibiotika helfen. In der Zusammenarbeit zwischen dem Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) und dem Fraunhofer IOF soll hierzu eine Plattform für gemeinsame, interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur hochsensitiven opto-fluidischen Zellanalyse aufgebaut und ein lebhafter Austausch zwischen Forschenden der Biologie, Materialwissenschaft und Physik etabliert werden. In diesem Rahmen wird erforscht, wie schon geringste Zellmengen ohne äußere Eingriffe, etwa durch eine Farb- oder Fluoreszenzmarkierung, erfasst werden können. Aktuelle Verfahren erlauben zwar ein schnelles und grobes Screening, jedoch weisen sie eine zu geringe Sensitivität und damit hohe Unsicherheiten für anspruchsvolle biomedizinische Anwendungen auf. Das »Joint Biophotonic Imaging Lab« will diese Anwendungslücke schließen und durch die Kombination leistungsfähiger streulichtbasierter optischer Sensorik und bio-medizinischer Mikrofluidik neue Wege zur automatisierten Klassifikation von Zellen entwickeln.
- Das dritte Projekt »Joint Multimodal Imaging Lab« setzt sich schließlich mit der Entwicklung und Erprobung intensiver Ultrakurzpuls-Laserquellen für die multimodale biomedizinische Bildgebung auseinander. In den vergangenen Jahren haben das Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) und das Fraunhofer IOF sehr erfolgreich kompakte und robuste Faserlaserkonzepte für Anwendungen der kohärenten Raman-Spektroskopie in Kombination mit weiteren nichtlinearen Prozessen wie der Second-Harmonic-Generation-Mikroskopie (SHG) und Multi-Photonen-Fluoreszenz in den Lebenswissenschaften erforscht. Dabei konnten das Potenzial sowie wesentliche Vorteile der multimodalen nichtlinearen Mikroskopie für die Untersuchung der chemischen Zusammensetzung komplexer Proben ohne den Einsatz exogener Farbstoffe eindrucksvoll demonstriert werden. Die Schwerpunkte des Projekts bestehen nun in einer weiteren Optimierung dieser Bildgebungsansätze für eine klinische Anwendung durch Implementierung einer optimierten, leistungsfähigen Infrarot-Faser-Laserquelle im NIR-II-Fenster (NIR für »Nahinfrarot«). Das Wechselspiel aus Streuung und Absorption ermöglicht hier hohe Eindringtiefen. Dabei steht einerseits die Erhöhung der Eindringtiefe der Third-Harmonic-Generation-Mikroskopie (THG) in biologischem Gewebe im Mittelpunkt der Forschung, um so auch Gewebsstrukturen unter der Oberfläche sichtbar machen zu können. Andererseits ist auch die Erforschung der SHG-Ptychographie für eine quantitative Analyse von Gewebe von großem Interesse. Die Vorteile des Detektionsverfahrens Ptychographie liegen in der einfachen, potenziell linsenfreien Detektion, der quantitativen Bestimmung der Analytkonzentration aus der Messung des gestreuten Feldes und der vergleichsweise großen Probenvolumina.