Jena / 17. September 2024
Dr. Julia Hengster absolviert erfolgreich ihren zweiten Triathlon in der Langdistanz
Jena / 17. September 2024
»Dran bleiben ist alles«, sagt Julia Hengster. Die promovierte Physikerin ist begeisterte Sportlerin und absolvierte kürzlich ihren zweiten Triathlon in der Langdistanz. Am Fraunhofer IOF arbeitet sie als Referentin für die Institutsleitung und weiß daher nur zu gut: Eiserne Ausdauer braucht es nicht nur im Sport, sondern auch im Berufsalltag zwischen Förderanträgen und Strategieentwicklung. Was sie antreibt, ist die Freude am Entdecken – auch der eigenen Grenzen.
Als Julia Hengster das erste Mal nach Jena kam, saß sie auf einem Fahrradsattel. »Ich war damals mit einer Freundin auf der Thüringer Städtekette unterwegs – ein wunderschöner Radweg«, erinnert sie sich. Das war 2014. Damals weiß sie noch nicht, dass die Stadt an der Saale nur vier Jahre später ihre neue Heimat werden sollte. Hier arbeitet sie heute in verschiedenen Funktionen im Auftrag der Institutsleitung des Fraunhofer IOF.
Der Fahrradsattel, der sie damals nach Jena trug, bringt sie auch heute noch regelmäßig hinaus in die Welt. Denn die will Julia entdecken. Und das am besten im Sieben-Meilen-Schritt: »Ich will immer wissen: Was kommt hinter der nächsten Kurve?«, sagt sie. Mit einem Augenzwinkern fügt sie hinzu: »Und je fitter man ist, umso mehr kann man entdecken.«
Fitness und Sport sind ein wichtiger Teil in Julias Lebens. Im August absolvierte die promovierte Physikerin erfolgreich ihren mittlerweile zweiten Triathlon über die Langdistanz. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42 Kilometer laufen. Und das binnen 15 Stunden. Für Julia war der Triathlon im Schwarzwald der zweite dieser Art. 2022 absolvierte sie ihren ersten Wettkampf in ähnlichem Umfang in Hannover. Darüber hinaus kann sie auf zwei erfolgreiche Triathlons in der Mitteldistanz zurückblicken.
Doch was treibt einen Menschen zu solchen sportlichen Höchstleistungen an? Motive gibt es sicherlich so viele wie Athletinnen und Athleten. Über sich selbst sagt Julia: »Ich war schon immer ein sportlicher Mensch. Da ist einfach etwas in mir, das sich bewegen und dabei auch gern Grenzen austesten möchte.«
Diese Grenzen sucht Julia schon seit ihrer Kindheit: Mit elf Jahren nahm sie an einem 24-Stunden-Schwimmen teil und absolvierte dabei acht Kilometer. Als junge Erwachsene war sie viel auf Inline-Skates unterwegs und nahm an einem Inline-Skate-Marathon über 135 Kilometer entlang des Rheins teil. Spätestens nach diesen Anekdoten könnte man meinen, dass Julia gern die körperlichen Extreme ausreizt. Aber sie betont: »Es ist das Entdecken, das mich reizt. Es ist mein Fokus möglichst weit voranzukommen.«
Der Triathlon ist für Julia dabei gleichermaßen Ziel wie Mittel zum Zweck. »Mit dem Wettkampf vor Augen habe ich ein konkretes Ziel, auf das ich hintrainieren kann – das hilft dranzubleiben«, sagt sie und zeigt damit auch, was es braucht, um eine solche sportliche Herausforderung zu meistern – nämlich eine zähe Ausdauer und konsequente Beharrlichkeit. »Ich freue mich immer, wenn ich Fortschritte in meinen Leistungen beobachte. Wenn ich zum Beispiel mit dem Rad schneller und besser Berge hochfahren kann«, resümiert sie. »Das ist für mich auch etwas, das eine große Selbstwirksamkeit entfaltet. Ich merke: Ich habe einen strukturierten Trainingsplan, der – wenn ich mich daranhalte – auch funktioniert. Ich verbessere mich messbar. Das sind Erfolgserlebnisse, über die ich mich sehr freuen kann.«
Speziell für Frauen hat diese Entfaltung der eigenen Selbstwirksamkeit noch immer einen besonderen Stellenwert. Sowohl die Langstrecken- Wettkämpfe als auch die Physik und Photonik sind nach wie vor stark männlich dominiert. »Als Frau sollte man sich nicht aufhalten lassen und seine Interessen verfolgen«, findet Julia. Sie ergänzt: »Beim Sport und in der Karriere bringen Männer kulturell bedingt häufig nach wie vor noch öfter als Frauen die notwendige Zeit für das intensive Training bzw. die berufliche Flexibilität auf. Einige interessierte Frauen schreckt dieser Umstand erstmal ab.«
Doch das grundsätzliche Potential, die eigenen Leistungen zu steigern haben alle, findet Julia: »Ich bin überzeugt, dass jede und jeder sich verbessern kann. In Allem. Man muss in erster Linie üben. Dann zeigen sich auch Fortschritte. Welche Ziele man sich setzt, das kann und sollte jede und jeder für sich selbst abwägen. Jedes Zwischenziel auf dem Weg hilft weiterzukommen. So baut sich die Selbstwirksamkeit auf.«
Üben. Dranbleiben. Und dabei die Welt, sich selbst und die eigenen Fähigkeiten sowie Grenzen entdecken. Das sind Fertigkeiten, die Julia Hengster gleichermaßen im Sport wie auch im Berufsalltag gut gebrauchen kann. Seit 2018 ist die gebürtige Karlsruherin am Fraunhofer IOF tätig. Hier war sie seither wesentlich am Aufbau der Max Planck School of Photonics (MPSP) beteiligt. Die MPSP ist eine von drei Pilotschulen, die aus einer gemeinsamen Initiative der großen außeruniversitären Forschungsgesellschaften – Max-Planck, Fraunhofer, Leibniz und Helmholtz – sowie verschiedenen Universitäten hervorging. »Am Anfang waren wir im MPSP-Team in Jena zu dritt«, erinnert sich Julia. »Wir hatten eine sehr gut ausgestattete Kostenstelle und eine Vision, wo es hingehen soll.«
Die Vision war ein internationales Studienprogramm für Graduierte aus den Bereichen Optik und Photonik – ein Exzellenznetzwerk für die begabtesten Absolventinnen und Absolventen. Seit Gründung der MPSP haben sich bereits etwa 40 internationale Nachwuchsforschende dazu entschieden, unterstützt durch das Programm ihre Karriere in der Lichtstadt Jena auf den Spuren der Optikpioniere Carl Zeiss und Ernst Abbe weiterzugehen. Das Team, das hinter dem Erfolg der MPSP steht, ist derweil in sechs Jahren auf sieben Personen angewachsen und wird von Julia als Koordinatorin nach wie vor geleitet. »Dieser Vision zu folgen und das Programm so aufzubauen, dass es von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr geschätzt wird – das ist schon eine tolle Erfahrung«, resümiert sie.
Darüber hinaus ist Julia wissenschaftliche Referentin der Institutsleitung am Fraunhofer IOF. »Zu meinen Aufgaben als Referentin gehört das Unterstützen von kommunikativen Aufgaben des Institutsleiters. Weiterhin bin ich in die Strategieentwicklung des Hauses eingebunden, etwa indem ich zwischen verschiedenen Parteien moderiere und die Entwicklungsstände nachverfolge.« Ein langanhaltender und nicht immer geradliniger Prozess. Zuletzt war sie außerdem koordinativ in die Standortleitung des neuen Fraunhofer-Forschungszentrums in Erfurt eingebunden.
MPSP, Referentin, Standortkoordinatorin – im Grunde stellte sich Julia damit auch beruflich in den letzten Jahren einer Art Triathlon. »Man muss immer dranbleiben und abwägend alle Rollen bedienen«, sagt sie. »Und man muss auch lernen, mit Rückschlägen oder unterwartete Störungen umgehen zu können« fügt sie hinzu und für einen Moment ist nicht ganz klar, ob sie vom Sport oder vom Job spricht. Mit Blick auf den Triathlon konkretisiert sie: »Am Ende hat man es auch nicht immer in der Hand, ob man wirklich bis ins Ziel kommt. Man kann noch so gut trainiert sein: Wenn man auf der Radstrecke eine oder sogar mehrere Pannen hat oder man beim Laufen unglücklich auf einem Stein wegrutscht – dann ist der Wettkampf vorbei. So einfach.«
Die Metapher lässt sich nur zu gut auf das Leben übertragen, das einem bekanntlich auch dann und wann Steine in den Weg legt. Letztendlich sei es daher immer ein Wechselspiel aus Ambitionen und Demut, meint Julia: »Es gibt Momente, da scheitert man am System. Beim Sport kann das mal schlechtes Wetter sein, im Beruf ein Strategieprozess oder ein Förderbescheid, auf den man länger als gedacht warten muss. Da wird man dann gegen den eigenen Willen ausgebremst und muss sich in Geduld üben.«
In solchen Momenten sei es wichtig, die Rahmenbedingungen genau zu beobachten und gut zu analysieren, meint Julia. Auch hier sind die Analogien zwischen Sport und Beruf eng – speziell im Hinblick auf die Menschen, die einen auf diesen Wegen begleiten: »Wenn es beim Triathlon einen Wasserstart gibt, dann sind da 40 oder 50 Leute, die alle sehr eng beieinander zeitgleich losschwimmen wollen. Da kann es auch schonmal passieren, dass man einen Arm oder ein Bein abkriegt, ohne dass das böse gemeint ist.«
Solche »Sidekicks« kenne man auch aus dem Job, meint sie: »Wir arbeiten hier in einer Organisation, wo vielen Menschen viele Ideen haben und großes voranbringen wollen. Es geht aber nicht immer alles gleichzeitig. Man muss daher auch für sich erkennen: Nur weil ich etwas besonders stark will, heißt das noch nicht, dass alle anderen um mich herum die gleiche Zeitschiene oder Priorität für mein Projekt haben.« Hier brauche es eben die Geduld mit dem System. »Und allem voran muss man anerkennen, dass die anderen das nicht tun, weil sie mir schaden wollen, sondern oft weil auch sie ihre eigenen Rahmenbedingungen haben, die sich aus ihren Rollen oder Aufgaben ableiten.«
Und wie fühlt es sich an, wenn man trotz vermeintlicher Tritte und Schläge und vielleicht einem platten Fahrradschlauch am Ende dennoch über die Ziellinie läuft? »Zunächst einmal ist man wahnsinnig froh, dass man nicht mehr weiterlaufen muss«, sagt Julia mit einem lachenden Seufzer. »Man ist erleichtert und stolz, dass man es einfach geschafft hat. Ankommen ist das Ziel. Und dass man sich seine Kräfte dahin einteilt. Wer sich zu schnell verausgabt, zu viel will, der brennt aus und wird es vielleicht gar nicht bis zum Ende schaffen.«
Und da ist sie wieder: Die Kurve vom Anfang und das, was es dahinter zu entdecken gilt. Und die Selbstwirksamkeit, die dabei hilft, sich zu motivieren und die Kurve mit eiserner Ausdauer und möglichen Widerständen zum Trotz zu holen. Denn egal, ob beim Schwimmen, Radfahren oder dem Marathon zwischen Förderanträgen und Büroalltag: »Dran bleiben ist alles«, weiß die Triathletin.
Leidenschaft für Licht – das ist Fraunhofer IOF. Hier werden innovative Lösungen für lichtbasierte Zukunftstechnologien entwickelt. Doch wer sind die Menschen hinter Forschung und Wissenschaft? In der Reihe »Gesichter des Fraunhofer IOF« stellen wir sie vor.